Regiekommentar

Wir erinnern uns an 15 Jahre: Wie Andreas Martin am Strand eine Kastanie schenkt, an blöde Streitereien und die ganz großen Dramen. Wie Martin bei Andreas und Max einzieht, als dessen Mutter noch gelebt hat und wie sich Max bei Martin in den Armen verkriecht, als er ihn noch kaum kannte und natürlich wie sie im Ferienhaus an der Ostsee sinnlich übereinander hergefallen sind. Eine lange Zeit. Zusammen.

Wir nähern uns zwei Menschen, die ihren bisherigen Lebensweg verändern, weil sie sich in verschiedene Richtungen entwickelt haben. Aber wie gehen beide Protagonisten damit um? Wie geht es von nun an weiter? Lassen sich so viele Jahre an Beziehung einfach so vergessen? Und wie reagiert der Sohn, der sich langsam abnabelt? War ihre Liebe vorbei oder ist sie ein permanenter Zustand? Und eröffnen die Veränderungen vielleicht auch neue Chancen für die beiden Protagonisten?

Viele Filme über Beziehungen enden an dem Punkt, an dem das Paar glücklich zusammengefunden hat. Aber erst die Zeit danach ist wirklich interessant, schleicht sich Alltag und Routine in die Beziehung ein. Welche Kraft sorgt dafür, dass zwei Menschen von Milliarden sich dazu entscheiden, ihr Leben für eine lange Zeit miteinander zu teilen? Und wie kommen Paare dazu, sich nach einer langen Zeit zu trennen, wenn sie doch eigentlich glücklich bis ans Ende aller Tage zusammen bleiben könnten? Ein Weg geht diesen Fragen behutsam nach.

Das Gefühl des freien Arbeitens

Ein Weg folgt der Weiterentwicklung meiner dokumentarischen Herangehensweise. Warum nicht Filme machen, die wie ein Dokumentarfilm gedreht werden - kleines Team, große Intuitivität, enorme Flexibilität - und gleichzeitig die Stärken einer formulierten Erzählung, kombiniert mit der Möglichkeit, Momente mit Schauspielern wiederholbar zu machen, zu nutzen. Zumal uns die sich immer weiter entwickelnde digitale Technik, ein unkompliziertes Arbeiten ermöglicht - jenseits von abgesperrten, mit LKWs zugestellten Straßen und trotz allem das visuelle Erscheinen eines Spielfilms. Wir haben für "Ein Weg" intensiv zusammengearbeitet und immer wieder die Umstände eines Low Low Budget Films als Stärke verstanden. Das Nutzen von realen Orten, wie z. B. der Werkstatt, in der Andreas arbeitet und die Vertrautheit eines kompakten und eingespielten Kernteams. Es war der Gedanke, wirklich kreativ und spielerisch mit einer Geschichte umzugehen.

Unsere Arbeit ist ein ganzheitlicher Prozess. Sowohl bei der Stoffentwicklung als auch über die Dreharbeiten bis in die Montage wird die Geschichte immer wieder überarbeitet und hinterfragt. So können geschriebene Szenen in der Inszenierung durch äußere Umstände ganz neu interpretiert werden, ohne den Kern zu verlieren. Es wurde z. B. die Szene, in der sich Andreas einen frisch entwickelten Fotofilm anschaut, wesentlich dramatisiert, weil wir anders als im Drehbuch geschrieben, die Szene nicht hinter seiner Werkstatt, sondern auf einem Berg im Nebel gedreht haben. Ein spontaner und rascher Umzug mit dem ganzen Team machte dies möglich und wir konnten eine Szene in kurzer Zeit in der Abenddämmerung im sphärischen Nebel drehen.

Und Schauspieler brauchen Luft zum Atmen. Sie brauchen Raum und Freiheit, um sich im Moment bewegen zu können. Wir konnten ihnen aufgrund des kompakten Teams diese Freiheit geben und daher entstanden Momente und Dialoge auf eine natürliche Weise. Diese sind zum Teil ausufernd, aber das konnten wir in der Montage wieder auf eine filmische sinnliche Weise reduzieren. Dieser Prozess wird beim Drehen schon mit bedacht und daher auch effizient eingesetzt. Somit wird auch die Improvisation als Mittel verwendet, um dem Moment eine größere Stärke zu geben und sie weiter zu entwickeln.